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Die FR über "Das Mädchen Rosemarie"

Das ist die sexuelle Hörigkeit

Judith von Sternburg, Montag, 28. September 2009

Blond, schlank, sachlich", so wünscht sich der Generaldirektor die Prostituierte, die er beim Hotelportier bestellt. Der Portier weiß nur noch nicht, dass Rosemarie Nitribitt damit gemeint sein muss. Im Frankfurter Stalburg Theater ist das Alison Rippier, blond, schlank, sachlich in der Tat. Dazu hat sie eine Stimme, die die Mauern von Jericho zum Einstürzen hätte bringen können, eine Eliza-Dolittle-Knätsch-Stimme, aber ohne niedlich zu sein. Alison Rippiers Rosemarie ist grundsätzlich nicht niedlich. Sie ist kühl und emsig, das Produkt eines unbesorgt nach vorne (z. B. zum neuen Auto) schauenden Kapitalismus. Sie ist wie ein Mann aus einem Brecht-Stück. Sie ist allerdings auch eine Figur aus einem 50er-Jahre-Film: Dass sie einen ihrer Freier liebt, nimmt man ihr nur ungern ab.

Die Geschichte um Geld, Liebe und Mord aus der großen weiten Welt von Frankfurt spielt sich also auf der Minibühne des Stalburg Theaters ab. Das Große Weite, das sowieso immer schon etwas Übersichtliches hatte, muss man sich dazu denken. Dem Publikum, man hört es, fällt es nicht schwer. Uns auch nicht. Die schicken Wagen sind Modellautos mit aufklappbaren Türen, die Mode der 50er sind ein paar Tapetenwände, die Lebensart der 50er ist eine Gummi-Palmeninsel mit beleibtem Mann darauf. Rosemarie Nitribitts Liebhaber in spe sowie deren weibliche Verwandtschaft sind im fliegenden Rollenwechsel Steffen Schwarz, Thomas Hartmann und Harald Uhrig.

Und während draußen die Stadt Teile ihres 50er-Jahre-Erbes eliminiert (mit was für Nullachtfünfzehn-Ergebnissen!), wird hier drinnen mit schräg-rundlichen Buchstaben der Titel "Das Mädchen Rosemarie" präsentiert. Auf dem gleichnamigen Film mit Nadja Tiller basiert die Inszenierung von Manfred Roth, eine flotte Revue mit Musik. Wenn diese Rosemarie singt, zittern die Gläser. Aber die Männer werden weich und fließen ihr hinterher. Ein Spaß bleibt neben dem handgestrickten Schickimicki vor allem die fundamentale Glaubwürdigkeit dieses Vorgangs. Das ist die sexuelle Hörigkeit.