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Foto: ES IST EIN DSCHUNGEL DA DRAUSSEN, BABY

ES IST EIN DSCHUNGEL DA DRAUSSEN, BABY

Eine Komödie von Silke Hohmann

Bang Ban, 76 km nördlich von Bangkok. Der Strom ist ausgefallen, es regnet seit Stunden, und das Handy hat kein Netz. Als der Geschäftsreisende Marc gerade seinen Hartschalenkoffer in der schäbigen Notunterkunft abstellen will, muß er feststellen, daß da bereits ein Rucksack in seinem Zimmer steht. Samt der dazugehörigen Globetrotterin Mona, mit der er nun die Nacht verbringen muß.

Und was ist das dann, was sich da entwickelt? Eine Romanze? Oder so was Ähnliches? Jedenfalls prallen zwei typisch deutsche Lebensentwürfe um die dreißig in der Fremde aufeinander - und sie könnten auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein: Der ehemalige Dotcom-Yuppie mit dem Samsonite, der nun Jobs in der Kommunikationsbranche erledigt auf der einen, die Weltenbummlerin mit dem großen Herz für bettelnde Kinder und Didgeridoo-spielende Rastafaris auf der anderen Seite.

Doch der Schlagabtausch zwischen der Globetrotterin und dem Geschäftsreisenden, zwischen i-Pod und Ayurveda, zwischen 3.-Welt- Romantik und Hartz IV legt nach und nach offen, daß beider Geschichten irgendwann einen ähnlichen Anfang genommen haben: In der kalten, bunten Welt der achtziger Jahre, in denen man noch das Versprechen bekam, daß alles möglich ist, wenn man sich nur genug anstrengt. Ein Versprechen, das eine ganze Generation zu funktionstüchtigen, angepaßten Mitarbeitern an einer großen, erfundenen Erfolgsgeschichte gemacht hat - und an dessen Einlösung sich heute, in Zeiten der Krise, niemand mehr zu erinnern scheint.

Mona und Marc sehen dies alles aus zweiverschiedenen Perspektiven, müssen sich aber eingestehen, daß sie dabei keine besonders gute Figur machen. Ratlos und ein bißchen weinerlich stehen sie in der Gegenwart, wie Kinder, die sich zu Weihnachten das Barbie-Schloß gewünscht haben und bloß Bauklötze unterm Baum vorfinden.

Es ist ein Dschungel da draußen, Baby" handelt von der Schwierigkeit, heute um die dreißig zu sein und eine Frau. Oder ein Mann. Und erfolgreich zu sein - oder ohne jeden Ehrgeiz. Es ist ein Stück über enttäuschte Erwartungen und erwartbare Vorurteile, über scheinbare Spießigkeit und vermeintliche Unabhängigkeit. Und über die Kraftanstrengung, die es kostet, sich nun das Schloß aus den Bauklötzen zu bauen. Die Thai, in dieser Angelegenheit offenbar Längen voraus, haben dafür sogar eine eigene Redewendung: "Es ist ein Dschungel da draußen, Baby" - Es ist vielleicht nicht das, was du wolltest. Aber das heißt nicht, daß es schlechter ist.

Uraufführung am 20. Oktober 2004, Dernière nach 51 Aufführungen am 12. Mai 2005

DIE AUTORIN:

Silke Hohmann, bekannt für ihre bissigen Betrachtungen im Feuilleton der Frankfurter Rundschau, sie kam 1972 gegenüber des berüchtigten 3. Frankfurter Polizeireviers zur Welt und wuchs als funktionstüchtiges Mitglied der Erfolgs-Gesellschaft in den achtziger Jahren heran. Nach einem abgeschlossenen Design-Studium und diversen Jobs als Texterin in der damals noch blühenden Werbebranche entschloß sie sich, nur noch über Dinge zu schreiben, zu denen sie womöglich auch etwas zu sagen hätte. So wurde sie Journalistin und Autorin. Die Fragen der Zeit aus ihrer Sicht auf die Bühne zu bringen war zwar nicht gerade ihre eigene Idee, aber schließlich hat sie ihre Agenda- 2010-Lektion gelernt: Gerade in Zeiten der Krise flexibel sein! An neuen Aufgaben wachsen! Und so spielt neben einigen zwischenmenschlichen Reibungen in ihrem Stück auch das Gefühl eine Rolle, in einer Gegenwart zu leben, in der man zwar vom großen Wachstums-Fieber kuriert ist, aber nicht vonden eigenen Illusionen.

Gefördert vom Amt für Wissenschaft und Kunst der Stadt Frankfurt sowie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Eine Eigenproduktion des Stalburg Theaters

Bühnenbild: Herbert Huber
Lichtkonzeption: Esther Voigt
Tonkonzept: Filippo Tiberia
Toncollagen: Andreas Bayer
Moskitos: Frank Wolff
Dramaturgische Bearbeitung: Michael Herl
Künstlerische Beratung: Petra Gismann